24 / MURTAL STEIRISCHER HERBST
KLEINE ZEITUNG
DIENSTAG, 19. OKTOBER 2004
Klang und Musik
schmucklos und
schonungslos
Uraufführung in Juden-
burg: Getanztes Gedicht.
JUDENBURG. „Sie haben nicht die
Absicht besonders schräg zu
sein", beruhigte Walter Baco,
Sprecher des Carousel Thea-
ters. Dieses hat im Rahmen des
„Steirischen Herbstes" in Ju-
denburg „Das getanzte Ge-
dicht" uraufgeführt. Das En-
semble war auch nicht beson-
ders schräg, doch Ästhetik und
Wortgewalt überraschten die
spärlich erschienenen Gäste.
Die Gedichte der Grazer Au-
torenversammlung - ohne Reim
und mit viel Inhalt - wurden
von Andrea Bergmann gespro-
chen. Der Blick in die Welt, das
Schonungslose und die Ausei-
nandersetzung mit der Stille
wurden vorausgesetzt. Klang
und Musik waren auf der
schmucklosen, dunklen Bühne
sparsam eingesetzt, es domi-
nierten das Wort und die Kör-
persprache.
Ein geglückter Versuch, das
Publikum zum kritischen Hö-
ren, Sehen und Nachdenken an-
zuregen.
Neun Gedichte
Maria Theresia Mühlbacher,
Eva Török und Rebekka Scharf
- alle drei ausgebildete Ballett-
tänzerinnen - haben neun Ge-
dichte der Grazer Autorenver-
sammlung ausgewählt und in
eine perfekte Tanzperformance
umgesetzt.
Regie hat Walter Baco ge-
führt, der mit poetischen Thea-
ter- und Musikinszenierungen
in ganz Europa zu Gast ist.
Er hob eingangs die Bezie-
hung zu Judenburg hervor:
Beim Kreativ-Wettbewerb zum
„Jahr des Wassers" hat das En-
semble zusammen mit Juden-
burg den ersten Preis gewon-
nen. Leider sei die damit ver-
bunden gewesene Klangwelt
beim historischen Stadtfest im
vergangenen Jahr fast unterge-
gangen.
Helene Franz
Theaterkritik
Tanz nach Wörtern
Poesie und Tanz im Halleiner Stadttheater: Das "Carousel Theater" bei der Stadtfestwoche
Von Michael Malkiewicz
22.06.05 Das „Carousel Theater“ ist ein gut eingespieltes Tanz-Ensemble, bei dem Agieren und Reagieren, Synchronisation und Improvisation gleichermaßen professionell ausgeführt werden. Es zeigte am Dienstag (21.6.) im Rahmen der Halleiner Stadtfestwoche im Stadttheater seine jüngste Produktion „Das getanzte Gedicht“.
Drei Tänzerinnen haben neun Gedichte jeweils solistisch vertanzt, ohne zusätzliche Hintergrundmusik, allein zum Rhythmus der Sprache. Die Gedichte stammen von Mitgliedern Grazer Autorenversammlung. Sie wurden eigens für diese Produktion geschaffen und je nach Charakter den Tänzerinnen zugeordnet.
Die Texte sind abstrakt, oft nur aus einzelnen Worten oder Wortgruppen bestehend, deren Sinn sich beim ersten Hören nicht gleich erschließt. So kamen auch die Tänzerinnen von vornherein gar nicht in Versuchung, die einzelnen Worte semantisch "nachzutanzen". Bei allen dreien, Maria Theresia Mühlbacher sowie ihre beiden aus Ungarn stammende Kolleginnen Eva Török und Noémi Nagy, ist eine gediegenen klassische Ausbildung zu erkennen. Das Ballettvokabular scheint an vielen Stellen durch, ist aber so sparsam eingesetzt, dass die Gedichte nicht zu klassischen Bewegungsübungen verkommen, sondern in der Verbindung mit modernen Tanztechniken einen eigenständigen poetischen Reiz entwickeln.
Wenn man sich auf die Stille der nicht ganz eine Stunde dauernden Veranstaltung einlassen konnte, sah man bisweilen nicht nur die gesprochenen Worte, sondern auch umgekehrt, glaubte man das eben Gesehene im Nachhinein zu hören. Solche déjàvu-Effekte bleiben jedoch auf wenige Momente beschränkt. Meist gingen Sprache und Tanz ihre eigenen Wege. Umso mehr traten die wenigen, fast zufällig Berührungspunkte zwischen Sprache und Bewegung reliefartig hervor.
[...]
Bilder: elisabeth wimmer
Worte in Bewegung |
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Mit einer ungewöhnlichen Darbietung gastierte das "Carousel Theater" bei der Halleiner Stadtfestwoche: Drei Tänzerinnen setzten Gedichte in Bewegung um.
MICHAEL STADLER
HALLEIN. "Die Ekstasen verlieren sich dort, wo die Kornfelder aufwirbeln. Nur unter dem Mähdrescher ist Schutz. Du solltest das letzte Auge auf mich richten. Ich tanze im Zeitlupenjargon." - Wie kann man diese Schlusszeilen aus Bettina Balàkas Gedicht "Das Auge des Sturms" in Bewegung übersetzen? Überhaupt nicht! Regisseur Walter Baco und seine Tänzerinnen, die mit der Produktion "Das getanzte Gedicht" im Halleiner Stadttheater gastierten, versuchten auch gar nicht, die lyrischen Sprachbilder pantomimisch auf die Bühne zu bringen. Vielmehr stellten Maria Theresia Mühlbacher, Eva Török und Noémi Nagy den ausgewählten Gedichten tänzerische Körpersprachbilder gegenüber - einmal als direkte Reaktion auf das Wort, dann wieder als Interpretation einer Stimmung, die das Gedicht sprachlich aufbaut. Jede der drei Tänzerinnen hatte solo drei lyrische Texte zu bewältigen, wobei Török, Nagy und Mühlbacher gleichermaßen auf Reduktion setzten. Je minimalistischer die Bewegung ausfiel, umso intensiver erschien die Darbietung. Um dem Publikum die Annäherung zu erleichtern, wurde jedes Gedicht zuerst aus dem Off der Bühne gelesen und erst im Anschluss die "vertanzte" Version gezeigt. Umrahmt wurde die interessante Aufführung durch zwei konventionelle Ballettnummern mit Musik.
Salzburger Woche, 30.6.05
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